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TAUFEN im SCHÖNHENGSTGAU
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FUCHS

Foren-Profi

Beiträge: 190
Anmeldedatum: 29.10.2007
Wohnort: Wien
Beitrag TAUFEN im SCHÖNHENGSTGAU. Verfasst am: 18.11.2008, 14:29    
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In dem am 26.10.1920 in Alt-Moletein ausgestellten Geburts- und Taufzeugnis meines Urgroßvaters wird als Geburtstag der 9.1.1868 und als Tauftag der 10.1.1868 angegeben.
Bei den allermeisten anderen Vorfahren (und es sind viele) habe ich zumeist Geburtstag = Tauftag. Liegt das daran, dass der Priester den Tauftag einfach als Geburtstag annahm?
(Die katholische Kirche verlangte ja die Taufe unmittelbar nach der Geburt - bis hin zu Überlegungen und Versuchen, das Kind schon im Mutterleib mittels Spritze zu taufen, damit auch Totgeborene getauft waren).
Ich habe den Verdacht, dass hier viel geschummelt wurde um den geltenden Regeln zu genügen.

Weiß jemand konkret, wie die Tauferei allgemein funktionierte?

Ich kann mir eben nicht so recht vorstellen, dass viele am Tag ihrer Geburt getauft wurden. Warum?

Wenn man schnell geht schafft man den Weg von Chirles nach Alt-Moletein zu Fuß in minimal 1 Stunde. Samt Tauferei und Rückweg dauerte das Ganze minimal 3 Stunden. In so manchem Fall konnte die Mutter wohl nicht mitgehen. Womit wurde der Täufling beim Taufweg ernährt?
Oder ließ man ihn an einem in Schnaps getränkten Zucker lutschen?

Wußte eigentlich der taufende Priester in Alt-Moletein etwas von der anrückenden Taufpartie? Oder kamen die an und sagten, wir wären jetzt zum Taufen da? (1868 gab es ja noch kein Telefon).
Wieviele Priester gab es in Alt-Moletein? War da immer einer im Pfarramt anwesend? (die mußten ja auch z.B. zur Erteilung der Sterbesakramente ausrücken).

Wann eigentlich trug der Priester die Taufe in das Taufbuch ein? Unmittelbar vor oder nach der Taufe, oder Tage später?

Sind Fälle bekannt, wo der Eintrag vergessen wurde?

War er verpflichtet die Angaben zum Täufling zu prüfen, oder trug er einfach das ein, was ihm gesagt wurde? (Name Vater, Mutter, Großeltern und Urgroßeltern, Hebamme etc.)

War es üblich nach der Taufe gemeinsam eine Stärkung (im Wirtshaus) zu sich zu nehmen? Was geschah in dieser Zeit mit dem Täufling? Wurde der nach Hause gebracht?

Gab es in den Dörfern vielleicht so etwas wie einen Fahrdienst zu der Taufkirche? (nicht jeder hatte ja Pferd und Wagen).

Gab es ein vorgeschriebenes Mindestalter für den Taufpaten bzw. Taufzeugen?

Gab es einen Usus bei der Auswahl der Taufpaten? OK, der Täufling hatte meist viele Tanten und Onkel - aber wie erreichte man die so schnell nach der Geburt und dem unmittelbar folgenden Abmarsch zur Taufe?
Oder kam es vor, dass die Taufpaten auf dem Weg "aufgelesen" wurden? "Du komm mit, wir brauchen einen Paten!"

Wurde nur in der Kirche getauft oder gab es auch Haustaufen? Wenn ja, welche Gründe waren dafür maßgebend?

Würde mich über Antworten sehr freuen!
Grüße aus Wien
Christian Fuchs
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Emil

Foren-Profi

Beiträge: 172
Anmeldedatum: 02.02.2008
Wohnort: Darmstadt
Beitrag Aw.: TAUFEN im SCHÖNHENGSTGAU. Verfasst am: 19.11.2008, 02:37    
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Hallo Christian,

die Kinder sind früher möglichst schnell getauft worden, am selben Tag oder ein Tag später, weil die Kindersterblichkeit sehr hoch war und kein Kind ungetauft sterben sollte.
(Dass es Überlegungen gab, das Kind schon im Mutterleib mittels Spritze zu taufen ist mir nicht bekannt.)

Der weg nach Altmoletein zur Taufe ist in der Regel mit dem Pferdefuhrwerk zurückgelegt worden, wenn einer keines hatte fuhr ihn ein anderer - vielleicht gab es auch Fälle wo sie gelaufen sind, aber eher seltener. Die Mutter ist normalerweise nicht mit zur Taufe gegangen.
Der Pfarrer ist vorher informiert worden, außerdem war er ja auch unter der Woche im Ort, da er den Religionsunterricht abgehalten hatte.
In Altmoletein gab es einen Pfarrer und einen Kaplan.
Einen Usus bei der Auswahl der Taufpaten gab es nicht, bei manchen machte es der Großvater, bei anderen die Hebamme.
Großartig suchen musste man die nicht weil sie vor Ort waren.
Haustaufen gab es auch - und zwar die sog. Nottaufen - falls das Kind die Fahrt zur Taufe vermutlich nicht überlebt hätte. In solchen Fällen ist der Pfarrer geholt worden.

Das sind die Informationen die ich von den Erzählungen meiner Eltern her kenne.

Viele Grüße Rainer.
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Sturma

Moderator

Beiträge: 1261
Anmeldedatum: 12.06.2007
Wohnort: Leteln bei Minden/Westf.
Beitrag Aw.: TAUFEN im SCHÖNHENGSTGAU. Verfasst am: 19.11.2008, 04:07    
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Lieber Christian, lieber Rainer,

dem ist ja kaum noch etwas hinzuzufügen.

Wenn man einmal in die Kirchenbücher schaut, dann fällt auf, dass die Paten der Kinder meist die gleichen sind. In meiner westfälischen Heimat sind es oft Verwandte, die man für seine genealogischen Forschungen als gute Quelle benutzen kann. Im östlichen Schönhengst ist das anders, es sind in den älteren Zeiten oft Nachbarn oder Bekannte, wie gesagt bei den meisten Kindern der Familie oft die gleichen Personen, und selten Verwandte. Das hat sich erst im 19. Jahrhundert geändert. Wie heute auch, so könnte ich mir vorstellen, dass die potentiellen Taufpaten vorher informiert wurden und im Falle bereit standen.
Die Mutter ging selbstverständlich nicht mit zur Kirche. Wie es im Schönhengst war, weiß ich nicht, aber es gibt Regionen, in denen sie einige Wochen (meist 6 Wochen) nach der Geburt in Abendmahlskleidung zur Kirche ging und eingesegnet wurde (Niedersachsen, Westfalen). Ich könnte mir gut vorstellen, dass das in anderen Regionen auch so war.
Ich habe bei meinen Forschungen festgestellt, dass die Kirchenbücher sehr genau genau geführt wurden und habe bisher einen Fehler gefunden, wo der Schreiber sich im Namen des Vaters des Ehemannes geirrt hat und fälschlicherweise den Vornamen aus der vorherigen Zeile wiederholt hat. Die Genauigkeit der Bücher hängt natürlich vom Pfarrer ab und von dem Schreiber, der oftmals jemand anders war.
Der Pfarrer brauchte die Angaben der Personen nicht zu prüfen, da er sie ja sehr wohl kannte.
Die Paten mussten vollwertige Mitglieder der Kirchlichen Gemeinschaft sein, bei den Protestanten ist das z.B. nach der Konfirmation. Das ist auch heute noch so.
Ich würde mich was die Tauf-Feierlichkeiten angeht, nicht allzu großen Vorstellungen hingeben, wie es heute z.T. der Fall ist, denn das war ja auch damals schon eine Kostenfrage.
_________________
Herzliche Grüße

Jürgen (Sturma)

Moderator für Hohenstadt, Müglitz und Umgebung
Ortsberichterstatter für Ohrnes und Rippau
www.sturma-online.de
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Rita

Foren-Profi

Beiträge: 249
Anmeldedatum: 04.12.2007
Wohnort: Allgäu
Beitrag Aw.: TAUFEN im SCHÖNHENGSTGAU. Verfasst am: 19.11.2008, 22:56    
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Liebe Forumsteilnehmer,
die Taufe, so weiss ich es aus Erzählungen, war früher meist eine familäre Angelegenheit. Es war jeweils vom Familienstand, Vermögen und Jahreszahl abhängig. So war es früher natürlich ganz anders, als in den letzten Jahren, in den Kriegsjahren.
Meist gab es einen Tuter (Pate) und eine Tupfera (Patin), die bereits vor der Geburt informiert waren. In Rothmühl fand die Taufe normal am Taufstein neben der niederschten Köpall (in der St. Annakirche) statt, und zwar meist am Sonntag gegen 14 Uhr. Je nach Familienstand kam die Mutter mit Kind und Taufpaten allein, wenn die Mutter ihr Kind ledig zur Welt brachte. Oder auch der Vater bei der Familie oder bei den Viechern daheim bleiben musste. Die Mutter galt zunächst als unrein, und wurde vom Pfarrer vor dem Betreten der Kirche gesegnet.
Der Tuter und die Tupfera wussten von der bevorstehenden Geburt. Meist war es ein Onkel und eine Tante des Kindes. Bei reicheren Eltern wurde schon auch eine besondere Person aus der Nachbarschaft oder anderen Orten gebeten, meist waren es aber Verwandte.
Bei Notgeburten nahmen die Hebammen die Nottaufen vor. Die Kinder überlebten dann meist den nächsten Tag nicht mehr. Im Krieg wurden die Taufpaten schon seltener. Hier wurden schon mal Großvater und Großmutter herangezogen. Es gab auch andere Fälle, in denen die Taufpaten die älteren Geschwister waren, und da selbst erst 12- oder 13-Jährig.
Viele Grüße Rita
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Ernst

Foren-Lehrling

Beiträge: 19
Anmeldedatum: 16.11.2008
Wohnort: Meitingen bei Augsburg
Beitrag Aw.: TAUFEN im SCHÖNHENGSTGAU. Verfasst am: 05.12.2008, 21:47    
  Antworten mit Zitat      
Liebe Forumsteilnehmer,
ich kann die Ausführungen von Rita nur bestätigen aus eigener Überlieferung. Paten waren in der Regel Großeltern, Onkel und Tanten.
Im Taufschein meines Großvaters Johann Wilhelm Kukula von 1865 sind als Paten angeführt der Großvater Franz Kukula und die Tante Maria Schubert. Die Taufe erfolgte am Tag der Geburt. Dazu ist zu bemerken, daß die Tante in Mährisch Schönberg wohnte und nach Müglitz einen weiten Weg hatte (etwa 30 km). Es ist deshalb zu schließen, daß die Patin schon auf die Geburt gewartet hat.
Die Mutter war in der Regel nicht dabei. Ich selbst habe die Taufe meiner Schwester erlebt. Das war aber mit zeitlichem Abstand von der Geburt und meiner Mutter war anwesend. Meine Mutter hatte vielerlei Torten
gebacken und ich hatte davon die Verteilung an Nachbarn, Freunde und Verwandte übernommen.
Im östlichen Schönhengstgau war als Ausdruck für die Paten das Wort "Göd" und "Gödin" gebräuchlich. Dieses Wort kommt nach dem Sprachatlas sonst nur in bairischen Mundarten vor, vermutlich ein Überbleibsel der Besiedelung.
Einst las ich einen humorvollen Bericht einer Taufe irgendwo im Sudetenland. Eine Männergesellschaft begab sich mit dem Kind auf den Weg in das weite Kirchdorf. Dort streitete man sich, weil man sich des vorgesehenen Namen des Kindes nicht mehr erinnerte. Schließlich nach einem Wirtshausbesuch vergaß man den Säugling auf der Bank in der Wirtsstube.
Viele Grüße
Ernst
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